Wir geben einen Überblick zu Brandschutz am Gebäude
Von allen Bereichen des Brandschutzes sind die baulichen Maßnahmen vielleicht die unübersichtlichste Kategorie. Denn die Vorschriften und Gesetze stehen nicht zentral in einem großen Buch, sondern es gibt DIN-Normen, Gesetzestexte, Bauordnungen und Richtlinien. Der Grund: Brandschutz an der Bausubstanz ist mit dem Baurecht verflochten. Wir geben Ihnen einen kleinen Überblick über die Materie.
Die Definition: Was sind eigentlich bauliche Maßnahmen für Brandschutz?
Vielen Kunden ist gar nicht klar, was genau unter den baulichen Brandschutz fällt. Eine gute Definition ist: Brandschutz am Gebäude bezeichnet alle Maßnahmen des Brandschutzes, die im Zusammenhang mit der Bausubstanz des Gebäudes stehen. Eine Veränderung am baulichen Brandschutz bedeutet eine Veränderung am Gebäude selbst. Das betrifft oft viel mehr als nur die Wände. Es betrifft Türen, Leitungsführung und architektonische Fragen. Im baulichen Brandschutz geht es häufig um Materialien, Baustoffe und Feuerwiderstand, weniger um Brandbekämpfung wie in der ASR2.2.
Was gehört grundsätzlich zum baulichen Brandschutz?
Es gibt einige Überlegungen, die sich Sachverständige für baulichen Brandschutz – je nach Gebäude und Gesetzeslage – immer machen müssen:
- Baustoffe: Wie ist das Brandverhalten?
- Bauteile: Wie groß ist der Feuerwiderstand?
- Sind die verwendeten Bauprodukte für die technischen Regeln in der Bauregelliste A nach Abs. 2 benannt? Falls die verwendeten Bauprodukte von dieser Liste wesentlich abweichen oder es keine allgemein anerkannten Regeln der Technik oder Technische Baubestimmungen nach Art. 3 Abs. 2 gibt (nicht geregelte Bauprodukte), haben die Bauprodukte
- eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (AbZ)?
- ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (AbP)?
- eine Einzelfall-Zustimmung?
- Wie können wir das Gebäude in unterschiedliche Brandabschnitte unterteilen, etwa durch Brandwände und -schutztüren?
- Wie sieht eine optimale detaillierte, eindeutige Fluchtwegplanung aus? Gerade vorgeschriebene Flucht- und Rettungswege sind für Architekten schon früh im Projekt eine Herausforderung.
- Braucht es für die verbaute reaktive Brandbekämpfung Sprinkleranlagen oder Gaslöschanlagen?
- Braucht es für die aktive Brandvermeidung durch Sauerstoffreduktion kann vorgeschrieben sein.
Wer oder was regelt in Deutschland die Vorschriften zum Brandschutz am Gebäude?
Die übergeordnete, bundesweite Autorität ist das Baurecht und das Bauaufsichtsrecht. Die konkreten gesetzlichen Vorschriften zum baulichen Brandschutz sind jedoch Länderangelegenheit und stehen in den Landesbauordnungen der Bundesländer. Daher unterscheiden sich die Vorschriften von Bundesland zu Bundesland teilweise deutlich.
Zum Brandschutz am Gebäude finden Sie Details in den unterschiedlichsten Vorschriften. Auch das ist ein Grund, warum Experten und zertifizierte Sachverständige hier meist „bibelfester“ sind als der durchschnittliche Ingenieur oder Architekt. Das sind die wichtigsten Quellen, die den Brandschutz an der Gebäudestruktur regeln:
- Die Musterbauordnung (MBO) ist eine wichtigste Quelle für praktische Vorschriften zum Brandschutz am Gebäude. Sie spricht zum Beispiel im § 40 Absatz 1 von feuerwiderstandsfähigen Rohrabschottungen, eine klassische Leistung im baulichen Brandschutz. Die MBO ist allerdings kein Gesetz, sondern dient zur Orientierung. Sie wird bearbeitet von der ARGEBAU, einer Gruppe von Sachverständigen der Arbeitsgemeinschaft für Städtebau, Bau- und Wohnungswesen.
- Muster-Leitungsanlagen-Richtlinie (MLAR).
- Verschiedene DIN-Normen konkretisieren teilweise die MBO. Denn die MBO nutzt sogenannte unbestimmte Rechtsbegriffe wie „schwerentflammbar“ bei Baustoffen oder „feuerhemmend“ und „feuerbeständig“. Ein paar DIN-Normen als Beispiele, nicht erschöpfend, nur um Ihnen die Varianz zu zeigen:
- Den Stahlbetonbau regelt die DIN EN 13501 und die DIN EN 1992-1-2
- Den Stahlbau regelt die DIN EN 1993-1-2
- Den Holzbau regelt die DIN EN 1995-1-2
- Den bautechnischen Brandschutz in Industriebauten regelt die DIN 18230.
Bauteil | DIN 4102 | Feuerwiderstandsklasse (Zahl = Minuten) |
---|---|---|
Wände, Decken, Stützen | Teil 2 | F30 F60 F90 F120 F180 |
Brandwände | Teil 3 | F90 (F120, F180) + Stoßbeanspruchung |
Nichttragende Außenwände | Teil 3 | W30 W60 W90 W120 W180 |
Feuerschutzabschlüsse (Türen, Tore, Klappen) | Teil 5 | T30 T60 T90 T120 T180 |
Brandschutzverglasungen | Teil 5 | G30 G60 G90 G120 G180 |
Rohre und Formstücke für Lüftungsleitungen | Teil 6 | L30 L60 L90 L120 |
Absperrvorrichtungen in Lüftungsleitungen | Teil 6 | K30 K60 K90 |
Installationsschächte und Kanäle | Teil 11 | I30 I60 I90 I120 |
Rohrdurchführungen | Teil 11 | R30 R60 R90 R120 |
Brandklasse | Beschreibung | Beispiele |
---|---|---|
A1 | nicht brennbar, enthalten keine brennbaren Bestandteile, keine Rauchentwicklung und kein brennendes Abtropfen | Beton, Steinwolle, Ziegel |
A2 | nicht brennbar, dürfen gewisse Anteile brennbarer Bestandteile enthalten, keine Rauchentwicklung und kein brennendes Abtropfen | glatter Gipskarton |
B1 | schwer entflammbar, dürfen nach Entfernen einer Zündquelle nicht selbstständig weiterbrennen | gelochter Gipskarton, verschiedene Leichtbauplatten |
B2 | normal entflammbar, die Entzündbarkeit muss bei einer Kanten- oder Flächenbeflammung mit kleiner Flamme auf ein in der DIN vorgegebenes Maß beschränkt bleiben | Holz |
B3 | leicht entflammbar | Stroh, Papier |
Wer kontrolliert die baulichen Maßnahmen für Brandschutz?
Den vorsorgenden Brandschutz in der Praxis, zu dem ein großer Teil der baulichen Maßnahmen gehört, kontrolliert der Architekt oder ein Sachverständiger. Letzterer ist meist ein Brandschutzsachverständiger oder Brandschutzprüfer, mit anderen Worten: ein spezialisierter Ingenieur, der mit dem Architekten zusammenarbeitet. Unter Umständen muss die zuständige Bauaufsichtsbehörde das Brandschutzkonzept für ein Gebäude bestätigen.
GK 1a | freistehendes Gebäude | Fußboden des höchsten Geschosses, in dem ein Aufenthaltsraum möglich ist, ist gleich oder niedriger als 7 Meter. Zwei oder weniger Nutzungseinheiten bei unter 400 Quadratmeter | Außenwände dürfen Brandklasse B2 sein, Innenwände müssen feuerhemmend sein. |
GK 1b | freistehendes Gebäude, Nutzung ist forst- oder landwirtschaftlich | Außenwände dürfen Brandklasse B2 sein. | |
GK 2 | nicht freistehendes Gebäude | Fußboden des höchsten Geschosses, in dem ein Aufenthaltsraum möglich ist, ist gleich oder niedriger als 7 Meter. Zwei oder weniger Nutzungseinheiten bei unter 400 Quadratmeter | Innenwände müssen feuerhemmend sein. Die Wand, die an das Nachbargebäude angrenzt, ist stellvertretend für eine Brandwand und braucht F30 oder F90, je nach LBO. |
GK 3 | nicht freistehendes Gebäude | Fußboden des höchsten Geschosses, in dem ein Aufenthaltsraum möglich ist, ist gleich oder niedriger als 7 Meter. Über 400 Quadratmeter Nutzungsfläche, mehr als zwei Nutzungseinheiten. | Innenwände müssen feuerhemmend sein. Der Boden zum UG muss feuerbeständig sein. Für die Wand zum Nachbargebäude gleiche Regeln wie bei GK 2. |
GK 4 | nicht freistehendes Gebäude | Fußboden des höchsten Geschosses, in dem ein Aufenthaltsraum möglich ist, ist gleich oder niedriger als 13 Meter. Die einzelnen Nutzungseinheiten sind maximal 400 Quadratmeter groß. | Innenwände und die Wand zum Nachbargebäude müssen hochfeuerdämmend sein, der Boden zum UG feuerbeständig. Die Fassade muss Brandklasse B1 entsprechen, die Außenwand ohne Kontakt zum Nachbargebäude F30. |
GK 5 | sonstige oder unterirdische Gebäude | Fußboden des höchsten Geschosses, in dem ein Aufenthaltsraum möglich ist, ist höher als 13 Meter. | Innenwände und die Wand zum Nachbargebäude müssen feuerbeständig sein, die Fassade muss Brandklasse B1 entsprechen, die Außenwand ohne Kontakt zum Nachbargebäude F30. |
Wir hoffen, dass wir einige Fragen geklärt haben. Wenn Sie ein Bauprojekt planen, sei es ein Neubau oder eine Sanierung, kontaktieren Sie uns gerne bei Fragen zu baulichem Brandschutz. Oder stöbern Sie noch ein wenig durch unser Magazin: Lesen Sie, wie Sie mit der ASR2.2. umgehen und was die 8 wichtigsten Brandschutzmaßnahmen sind.